Neue Perspektiven durch den Karrierewechsel

von Sophie Heinz

Neue Perspektiven durch den Karrierewechsel

Was würde eine Musiklehrerin oder einen Business-Consultant dazu bringen, in die Tech-Welt einzutauchen – ganz ohne Vorkenntnisse im Programmieren? Oder warum würde ein Informatik-Student sein Studium abbrechen? Die Antwort ist einfach: 42. Ganz gleich, welche Hintergründe, welche Perspektiven und Zukunftsvorstellungen: In der 42-Piscine erlebt eine breite Gruppe an Tech-Begeisterten, wie man lernt, zu lernen und Probleme alleine und im Team löst. Hier sammeln sie wertvolle Erfahrungen für den Einstieg in die Tech-Welt – und gehen die ersten Schritte in eine neue Karriere.

„Nach meinem Studium war ich freiberuflich als Musikerin tätig, ich habe Geige unterrichtet und Konzerte gespielt, erzählt die 31-jährige Anna. „Ich arbeite sehr gern als Geigenlehrerin, habe Spaß mit den Kindern und Jugendlichen und habe auch das Gefühl, dass ich etwas Sinnvolles tue.“ Trotzdem habe sie nach wenigen Jahren gemerkt, dass ihr auf Dauer der Input und die geistige Herausforderung fehlten.
Ursprünglich hatte Anna Lehramt studiert und sich dann dazu entschlossen, das Referendariat zu machen. An der der Schule und im Schulsystem habe sie sich nie richtig wohl gefühlt. „Ich habe das Referendariat dann abgebrochen, eine Entscheidung, die mich sehr viel Kraft gekostet hat.“ In dieser Zeit hörte sie von der Eröffnung der 42 in Heilbronn. „Die Möglichkeit, ohne Vorkenntnisse dort anfangen zu können, das etwas andere pädagogische Modell, die Flexibilität ohne feste Veranstaltungen, und das alles nur 30 Minuten von meinem Wohnort entfernt... alles schien wie gemacht für meine Situation“, sagt sie. Sie sieht das Programm der 42 Heilbronn als Erweiterung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten, denn Musikerin möchte sie nach wie vor bleiben.

Anna Kaufmann

“Die Lösung ist meist nur eine Google-Suche entfernt”

Sie und ihre Mitstreiter:innen wissen: ein Karrierewechsel in die IT birgt große Chancen auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft. Es warten interessante Projekte mit innovativen und zukunftsweisenden Ansätzen, die auch Raum für Quereinsteiger:innen bieten. Zudem gibt es zahlreiche Möglichkeiten, eigene Interessen zu verfolgen und sich auf Themen wie Design, Cyber-Security oder KI zu spezialisieren. Es geht dabei nicht immer nur ums Coding selbst: ein gutes Verständnis von technischen Abläufen und Funktionen, gepaart mit praktischer Erfahrung, eröffnet eine ganze Palette an Berufen, für die es heute zum Teil noch gar keine klassischen Ausbildungswege gibt.

Jonas, 26, hatte zuvor 2,5 Jahre als Consultant gearbeitet. „Ich habe durch meinen Beruf viele Berührungspunkte mit Software und Softwareentwicklung gehabt. Dadurch habe ich zum einen gemerkt, wie wichtig Kenntnisse in diesem Bereich sind, und zum anderen wie wenig Leute dieses Thema wirklich verstehen. Mich natürlich eingeschlossen“, erzählt er. Man müsse vor allem Spaß daran haben, Probleme zu lösen und dürfe sich nicht entmutigen lassen, wenn es nicht sofort klappt, sagt er. „Mit der notwendigen Ausdauer und Interesse an neuen Technologien ist die Lösung meistens nur eine Frage oder Google-Suche entfernt.“

“Ich hatte Lust, etwas vollkommen Neues zu machen”

Gründe, warum Arbeitnehmer und Studierende ihre Job- bzw. Studienwahl überdenken und umschulen wollen, gibt es viele. Die Pandemie macht vielen Branchen zu schaffen und sorgt für Unsicherheit im Job. Bei vielen hat die Auseinandersetzung mit neuen Technologien das Interesse am Coding steigen lassen. Wieder andere haben ein Informatikstudium oder ein anderes Studienfach angefangen, aber schnell gemerkt, dass Frontalunterricht und Theorie nichts für sie sind – und sie praktische Projekte und handfesten Code bevorzugen. Für alle Interessierten, Umdenker:innen, Coding-Begeisterte und Menschen mit Motivation und dem Willen zu lernen, kann eine praktische Programmier-Ausbildung genau der richtige Einstieg in die IT-Welt sein.

„Ich hatte Lust, mal etwas vollkommen Neues zu machen“, sagt Anna. Allerdings habe sie im Vorfeld auch Angst gehabt, weil sie wenig Erfahrung mit Coding und Technologie hatte. „Aber ich habe es einfach probiert - und in der Piscine richtig Spaß daran gefunden!“ Das vierwöchige Trainingscamp gibt Bewerbern die Chance herauszufinden, ob Peer-Learning, eigenständige Problemlösung und selbstorganisiertes Arbeiten für sie der richtige Weg sind und sie sich eine Karriere im Coding vorstellen können. „Mir hat sich schnell gezeigt, dass alles mit ein bisschen Willen und Hilfe der anderen lernbar ist“, erklärt Anna. Sie sehe es vor allem als Erweiterung ihrer Fähigkeiten, die es ihr irgendwann ermöglichen, Musik und Code zu verbinden.

Was können Unternehmen konkret tun?

Vor allem für Frauen ist der Einstieg in die männerdominierende IT-Welt noch immer ein großer Schritt, vor dem viele zurückschrecken. Die Gründe für den geringen Anteil von Frauen in MINT-Berufen finden sich in strukturellen und kulturellen Barrieren. Dem IT-Bereich haftet noch immer das Bild an, verhältnismäßig hohe Mathematikkenntnisse zu erfordern. Viele der Berufe besitzen „ein Image der isolierten Beschäftigung mit Dingen statt mit Menschen und sind nach wie vor männlich konnotiert“, heißt es im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Ein Umstand, der durch mediale Darstellung, durch die Berufsbezeichnungen, und vor allem die starke Betonung der technischen Seite verstärkt wird. MINT- (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) Studiengänge mit größerem Praxisbezug, klarer Anwendbarkeit und gesellschaftlicher Relevanz wie etwa Medieninformatik oder Medizintechnik verzeichnen entsprechend einen deutlich höheren Frauenanteil.

Dabei kann die Tech-Branche Quereinsteiger:innen, die nicht nur coden können, sondern auch praktische Erfahrungen mitbringen, gut gebrauchen. Unternehmen tun gut daran, nicht nur massiv in Ausbildung und Studium zu investieren. Es liegt vor allem ein großes Potential darin, den Quereinstieg zu erleichtern - und ihn attraktiver für Frauen zu machen.

Dafür braucht es gute, niedrigschwellige Angebote und flexible, an die jeweiligen Lebensumstände anpassbare Bildungsangebote – etwa Praktika, Coding-Bootcamps, Training on the Job oder Kurzlehrgänge und Onlinekurse. So können Unternehmen ihre Belegschaft langfristig diverser aufstellen – und damit nicht nur dem Fachkräftemangel begegnen. Möglichst viele Perspektiven und Lebensrealitäten zu umarmen und in die eigene Arbeit mit einzubinden, wird zwangsläufig zu besseren Produkten führen. Und in einem größeren Bild zu einer besseren und gerechteren Gesellschaft.

 

 

Quellen: https://www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/251.mint-warum-nicht-zur-unterrepr%C3%A4sentation-von-frauen-in-mint-speziell-ikt-deren-ursachen-wirksamkeit-bestehender-ma%C3%9Fnahmen-und-handlungsempfehlungen.html

Fotocredits: 42 Madrid

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